BY ROLAND SCHEFFERSKI
Critical voices are increasingly raised, not just amongst artists, but also amongst art theorists, art historians and journalists, denominating the current situation of the contemporary art as alarming. Many of them claim that these commercial laws are dictating the value of art, and that the art discourse is defined by art professionals who also operate the art market. „Total sovereignty of economics over art is only achieved when the market, the activities as well as the discourse are subordinated. Capital not only wants to possess art, but define it.“[1]
In 2002 Boris Groys argued that art is in need „…of a discursive plane, a discursive platform that actually creates the prospect of retaining the autonomy of art.“[2] Through numerous conversations with fellow artists I have concluded that there is a necessity for an initiative to support exchange and discourse with regards to contemporary art. My decision to found a discursive platform results from the awareness that the current situation of the majority of the artists is unsatisfactory. Should we not take responsibility ourselves, rather than delegating it because of our dependence on the commodification of art and culture and the mechanisms of cultural activities? With regards to such developments, I believe that it is fundamental for art to develop novel thought processes.
The Institute of New Artistic Thinking that I founded in Berlin in November 2014 contributes observations, theses, postulates, polemics and analyses within a discourse. It is, however, not a „fixed“ vision, but a vision that results and evolves from an exchange of ideas and experiences, and mutual incitement. One of the most pertinent questions in this matter is: As artists, can we retain our sovereignty and freedom or do we degenerate towards being mere diligent, but harmless producers and participants of Creative Industries?
Artistic thinking is the most basic element, the beginning of the process of creation. It is a way of thinking that ignores and transgresses borders and defies fixed norms and purposes, that is loose, even though it can be identified as a procedure, a critical and reflective one. It is a way of thinking that can only be partly fixed into a definition and that is fundamentally different from the way of thinking based on rationale.
Is a new, a different way of artistic thinking really required? It seems so, as we cannot possibly change the current situation of art applying the same way of thinking that we used to initially create it. Initiatives that are formed by artists themselves facilitate a certain independence. We have to deviate once again from traditional conceptions of art and grapple with the mechanisms of art production and reception, and pose the question: What is art actually? In order to investigate into the current complexities of problems while sustaining societal relevance, we are in need of a verification of artistic theses and practices and a new way of artistic thinking.
[1] Markus Metz und Georg Seeßlen: „Geld frisst Kunst, Kunst frisst Geld“, Suhrkamp Verlag 2014
[2] Boris Groys Das Werk ist Aussage. Die Rettung der Kunst liegt im Diskurs, in: FAZ vom 1. August 2002
Bibliography:
Isabel Graw: Der Große Preis – Kunst zwischen Markt und Celebrity Kultur, DuMont Verlag 2008
Jürgen Harten: „Der Geschmack des Gelds“, in: Kunstforum International Bd. 209, Juli-August 2011
Will Gompertz: What Are You Looking At? 150 Years of Modern Art in the Blink of an Eye, Peguin Books Ltd. 2012
Nicole Zepter: Kunst Hassen – Eine enttäuschte Liebe, Tropen Verlag, 2013
Steven Zevitas: „The Things We Think and Do Not Say, or Why the Art World is in Trouble“, in: Huffington Post 2014 Available from: http://www.huffingtonpost.com
DIE KÜNSTLERISCHE FREIHEIT BEWAHREN
Es häufen sich – und zwar nicht ausschließlich unter den Künstlern, sondern auch unter den Kunsttheoretikern, Kunsthistorikern und Journalisten – kritische Stimmen, die die gegenwärtige Lage der zeitgenössischen Kunst als beunruhigend empfinden.
Viele von ihnen behaupten, die Gesetze der Vermarktung bestimmen den Wert der Kunst. Und den Kunst-Diskurs definieren Fachleute, die den Kunstmarkt bedienen. „Die Herrschaft der Ökonomie über den ´Wert´ der Kunst ist erst vollständig, wenn neben dem Markt und dem Betrieb auch der Diskurs unterworfen ist. Das Kapital will die Kunst nicht nur besitzen, sondern auch definieren.“[1]
Im Jahr 2002 schrieb Boris Groys, dass Kunst „…ein diskursives Feld, eine diskursive Plattform“ brauche, „die ihr erst die Chance gibt, ihre Autonomie zu manifestieren“.[2] Schon seit längerer Zeit konnte ich mich in zahlreichen Gesprächen mit anderen Künstlern, über die Notwendigkeit einer Initiative zur Unterstützung des Austausches und Diskurses zur aktuellen Kunst vergewissern. Meine Entscheidung zur Gründung einer diskursiven Plattform resultiert aus der Erkenntnis, dass die jetzige Situation, in der sich die Mehrheit von uns Künstlern befindet, unbefriedigend ist. Sollten wir nicht die Verantwortung selbst übernehmen, anstatt sie durch die entstandene Abhängigkeit von der Ökonomisierung der Kunst und Kultur und von den Mechanismen des Kunstbetriebs, weiter auf die anderen zu delegieren? Angesichts derartiger Entwicklungen, glaube ich, wäre es auch notwendig für die Kunst neue Denkansätze zu entwickeln.
Im Rahmen eines Diskurses kann das im November 2014 in Berlin von mir ins Leben gerufene Institut für neues künstlerisches Denken Beobachtungen, Thesen, Postulate, Polemiken und Analysen liefern. Es ist jedoch keine „geplante“ Vision sondern eine Vision, die als Ergebnis des Austausches von Ideen und Erfahrungen, der gegenseitigen Anregung entsteht. Eine der dabei wichtigsten Fragen lautet: Können wir als Künstler unsere Souveränität und Freiheit bewahren oder verkommen wir, in Folge des marktorientierten Relativismus, weiter zu fleißigen, aber harmlosen Produzenten und Teilnehmern der Kultur- und Kreativwirtschaft.
Wir beginnen mit dem künstlerischen Denken, dem grundlegenden Bestandteil des Schaffensprozesses. Es ist ein grenzüberschreitendes, sich jeglicher festgelegter Normen und Zweckhaftigkeit entziehendes Denken. Und trotzdem kann man es als einen durchaus kritischen Vorgang voller Reflexion bezeichnen. Dieses Denken lässt sich nur teilweise definieren und unterscheidet sich von dem Denken, das ausschließlich auf Rationalität basiert.
Ist aber ein neues, ein anderes künstlerisches Denken überhaupt erforderlich? Anscheinend doch. Wir können die jetzige Situation der Kunst nicht mittels des gleichen Denkens ändern, mit dem wir sie geschaffen haben. Von uns Künstlern selbst ergriffene Initiativen ermöglichen uns eine gewisse Unabhängigkeit. Wir müssen uns erneut von der tradierten Vorstellung von Kunst abwenden und uns mit den Mechanismen der Kunstproduktion und -rezeption auseinandersetzen. Uns die Frage stellen: Was wahrhaftig ist die Kunst? Um die aktuelle Problematik mit gesellschaftlicher Relevanz zu untersuchen, bedarf es einer Überprüfung der künstlerischen Thesen und Praktiken und eines neuen künstlerischen Denkens.
[1] Markus Metz und Georg Seeßlen: „Geld frisst Kunst, Kunst frisst Geld“, Suhrkamp Verlag 2014
[2] Boris Groys: Das Werk ist Aussage. Die Rettung der Kunst liegt im Diskurs, in: FAZ vom 1. August 2002
Literatur und Quellen
- Isabel Graw: Der Große Preis – Kunst zwischen Markt und Celebrity Kultur, DuMont Verlag 2008
- Jürgen Harten: „Der Geschmack des Gelds“, in: Kunstforum International Bd. 209, Juli-August 2011
- Will Gompertz: What Are You Looking At? 150 Years of Modern Art in the Blink of an Eye, Peguin Books Ltd. 2012
- Nicole Zepter: Kunst Hassen – Eine enttäuschte Liebe, Tropen Verlag, 2013
- Steven Zevitas: The Things We Think and Do Not Say, or Why the Art World is in Trouble, 2014